Dies ist die Geschichte eines 19-jährigen Mädchens, das einfach nur akzeptiert werden wollte. Einer jungen Frau, die schon lange unter Mobbing litt und etwas ändern wollte. Der genau dies zum Verhängnis wurde. Es ist die Geschichte von Amanda Rodrigues.
Amanda wuchs in Rio de Janeiro auf und war ihr ganzes Leben lang übergewichtig. In der Schule wurde sie erbarmungslos von ihren Mitschülern gehänselt und ausgegrenzt. Die anderen Mädchen ließen sie nicht bei sich am Tisch sitzen, sie spielten nicht mit ihr, gaben ihr fiese Spitznamen. Nach und nach verlor sie ihr ganzes Selbstbewusstsein.
Im Alter von 19 Jahren entscheidet sie sich schließlich zu einem drastischen Schritt: Sie will sich den Magen operativ verkleinern lassen. Der Eingriff soll ihr ein normales Leben ermöglichen. Sie ist überglücklich und freut sich auf die Zeit nach der Operation. Doch schon bald nach dem Eingriff entwickelt sie einen stechenden Schmerz im linken Bein. Bei der Untersuchung erzählt ihre Mutter den Ärzten, dass Amanda früher oft unter Thrombose gelitten habe, doch die Mediziner verschreiben ihr nur einen Gerinnungshemmer und entlassen sie aus der Klinik. Kurze Zeit später ist sie tot. Sie hatte, von den Ärzten nicht bemerkt, eine Lungenembolie entwickelt.
Ihre Familie ist entsetzt. Nur weil Amanda ein normales Leben führen wollte, musste sie mit ihrem eigenen dafür bezahlen. Zum Gedenken schreibt ihre Schwester einen Facebook-Post, der an ihre Schwester erinnert und gleichzeitig zeigt, wie gefährlich Mobbing ist. Diese Worte gehen tief unter die Haut:
„Nur wenige kennen die Geschichte von Amanda, aber jetzt werde ich sie erzählen:
Amanda war immer ein molliges Kind; mollig, doch sehr fröhlich. Sie hatte ein gutes Herz und war voller Lebensfreude.
Als sie sieben Jahre alt wurde, begann Amanda, unter Vorurteilen und Hänseleien zu leiden. Die anderen Kinder in der Schule akzeptierten meine Schwester nicht, nur weil sie etwas dicker war. Amanda durfte beim Essen nicht mit den anderen Mädchen am selben Tisch sitzen, nicht mit ihnen spielen, und auch in der Klasse wurde sie ausgegrenzt. Einmal erzählte sie, wie die anderen Kinder ihren Rucksack klauten und „ihre Snacks“ sehen wollten. Sie verstreuten alles: Ihre Bücher, ihre Hefte, alles wurde zerrissen. Alle sagten zu ihr: „Amanda, du bist zu fett, sei doch mehr wie deine Schwester.“ Niemand hat bemerkt, wie sehr es sie verletzt hat.
Sie wechselte mehrfach die Schule, doch es wurde nirgendwo besser. Im letzten Jahr passte sie nicht mehr in alle Stühle und musste sich unglaubliches Gelächter anhören. Amanda schämte sich so sehr, dass sie sich immer weiter zurückzog. Sie ging nur noch nachts einkaufen. Vor Kurzem sah sie ein Outfit mit einer weißen Bluse und einem kurzen Kleid, das sie mochte, aber es gab nichts in ihrer Größe. Dabei haben wir alles mit ihr versucht. Wir haben ihre Ernährung umgestellt, Sport getrieben, waren bei Ärzten, aber nichts half. Sie nahm immer weiter zu. Nach langem Überlegen entschieden wir uns dann für die Operation. Sie war so optimistisch, so froh. Glücklich sagte sie: ‚Ich werde schön sein. Die Leute werden mich mögen und ich werde Größe 38 tragen.‘
Sie ging zu Dr. Gustavo Cunha. Eigentlich wollte sie einen anderen Arzt, aber als sie Dr. Cunha in einer Klinik für schwer übergewichtige Patienten kennenlernte, war sie überzeugt davon, dass er der Richtige sei. Am 17. Januar unterzog sie sich der Operation. Schon kurz nach dem Aufwachen klagte sie über Schmerzen im linken Bein. Meine Mutter erzählte den Ärzten davon und wies auch darauf hin, dass es in unserer Familie schon öfter Thrombosen gegeben habe und dass auch Amanda schon davon betroffen gewesen sei. Die Ärzte sagten nur, dass es nichts Ernstes sei, und verschrieben ihr einen Gerinnungshemmer. Amanda war vor Schmerzen außer Atem und dachte, sie müsse sterben. Aber die Ärzte meinten nur, dass die Schmerzen „psychisch“ sein.
Die Schmerzen hielten an. Amanda hielt die Hand meiner Mutter und winselte, dass die Schmerzen nicht nur in ihrem Kopf seien. Am 28. Januar um drei Uhr morgens wurden meine Mutter und ich am Bett meiner Schwester wach. Amanda konnte nicht atmen, sie erstickte jämmerlich. Wir konnten nur zusehen und ich hörte meine Mutter schreien. Die Schwestern brachten Amanda auf die Intensivstation, doch es war zu spät: Sie starb im Krankenhaus an einer unentdeckten Lungenembolie, obwohl die Ärzte das Risiko kannten. Meine Schwester wird nie wieder lächeln. Sie wird nicht mehr Auto fahren, nicht die Schule beenden. Sie wird nicht arbeiten, wird niemals Mutter oder Tante sein. Ihr Auto steht noch in der Garage, ihr Parfüm noch im Schrank. Auch ihr Bett steht immer noch hier. Genauso hängt ihre Handtasche an ihrem gewohnten Platz. Aber du, meine Schwester, wirst nie wieder hier sein. Ich werde dich für immer lieben.“
Es ist wirklich bitter, dass eine junge Frau so früh sterben musste, nur weil sie dazugehören wollte. Wären die anderen Menschen nicht so grausam gewesen, könnte Amanda vielleicht noch am Leben sein. Wären die Ärzte sorgfältiger gewesen, hätte sie nicht sterben müssen. Mobbing ist kein Spaß. Amandas Fall macht das mehr als deutlich. Die Zeilen ihrer Schwester gehen tief unter die Haut und machen hoffentlich den einen oder anderen nachdenklich.