„Ach du meine Güte!“, waren die ersten Worte, die Ebony Lumpkin kurz nach der Entbindung ihres zweiten Sohnes Matthew hörte. Der überraschte Ausruf der Krankenschwester trug selbstverständlich nicht unbedingt zur Beruhigung der jungen Mutter bei, die gerade elf Stunden in den Wehen gelegen hatte.
„Allen stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Einerseits, weil Matthew einfach umwerfend ist, vor allem aber, weil gerade ein weißer Rotschopf aus einer Afroamerikanerin gekommen ist. Ich war genauso geschockt“, erklärt Ebony.
Das war vor sechs Jahren. Warum ihr zweiter Sohn mit seinem auffälligen, flammenden Haar und heller Haut auf die Welt kam, ist seither nicht nur für Ebony ein Rätsel. Weder sie noch Matthews Vater haben, soweit sie wissen, Rotschöpfe in der Familie. Weil aber rotes Haar rezessiv vererbt wird, müssen beide Eltern die entsprechenden Erbanlagen in sich tragen.
Im Grunde interessiert sich Ebony jedoch nicht allzu sehr für solche Fragen. Matthew ist ihr Sohn und sie liebt ihn bedingungslos. Ob er braune, blonde oder pinkfarbene Haare hat, spielt für sie keine Rolle. Trotzdem fällt es natürlich auf, dass eine schwarze Frau die Mutter eines hellhäutigen Rotschopfs ist. Ebony hat deshalb in den letzten Jahren viele aufmunternde aber auch einige niederschmetternde Erfahrungen gemacht.
Viele Menschen machen ein ungläubiges Gesicht, wenn sie hören, dass Ebony die Mutter von Matthew ist. Das ist unangenehm, aber meistens harmlos. Einmal hat dieses Unverständnis der heute 29-Jährigen jedoch Ärger mit der Polizei eingebracht, als sie einen Einkauf im Supermarkt erledigte:
„Während ich Matthew aus dem Einkaufswagen hob, verlor er einen seiner Schuhe. Ich wollte ihn ihm wieder anziehen, aber er dachte, das sei ein Spiel und zappelte wild herum. Ich bekam den Schuh nicht wieder an seinen Fuß. Zum Glück kam mir eine junge Dame zu Hilfe, die in meiner Nähe stand“, erzählt Ebony.
Gemeinsam gelang es den beiden, dem kleinen Rotschopf wieder sein Schühchen anzuziehen. Ebony dankte der jungen Frau und ging mit Matthew weiter durch den Supermarkt. Eine ältere Frau hatte diese Szene jedoch beobachtet und rief die Polizei. Sie dachte, Matthew würde zu der hilfsbereiten jungen Frau gehören.
Ein herbeigeeilter Polizist verhörte Ebony, obwohl sie wegen eines Arztbesuchs am selben Tag sogar die Geburtsurkunde von Matthew dabei hatte: „Der Beamte glaubte mir nicht. Er stand kurz davor, das Jugendamt zu alarmieren und mich festzunehmen. Zum Glück kam mir die junge Frau von vorhin wieder zu Hilfe und klärte die Sache auf. Das war der schrecklichste Augenblick meines Lebens“, meint Ebony.
Ein nicht weniger furchtbares Erlebnis hatte Ebony einige Jahre später, als Matthew in die Grundschule ging. Der 5-Jährige kam eines Tages weinend nach Hause, weil ihm seine Mitschüler gesagt hatten, dass Ebony nicht seine Mutter sein könne, weil sie schwarz sei und keine roten Haare habe.
„Ungefähr eine Woche lang fragte er jede rothaarige Frau, ob sie seine Mutter sei. Das war unglaublich verletzend und peinlich. Ich wusste nicht, was ich tun sollte“, sagt die 29-Jährige.
Dann kam Matthews älterer Bruder Adam eine wirklich gute Idee. Er fragte sich, ob sie sich nicht alle ihre Haare rot färben könnten, damit so etwas nicht wieder passiere. Diese selbstlose Idee berührte Ebonys Herz sehr, denn Adam hätte immerhin auch vorschlagen können, dass sich sein kleiner Bruder ihm und seiner Mutter anpassen solle.
„Als Matthew unsere neue Haarfarbe zum ersten Mal sah, sagte er sofort freudig: ‚Jetzt seht ihr so aus wie ich!‘ Ich war glücklich wie seit langem nicht mehr. Es war wirklich wundervoll, dass er sich über diese kleine Geste so sehr gefreut hat. Selten habe ich so etwas Schönes erlebt“, erzählt Ebony.
Eine wirklich gute Idee. Matthew kann von Glück reden, dass er einen tollen Bruder und eine aufopferungsvolle Mutter hat. Möge der kleinen Familie eine strahlende Zukunft bevorstehen!