Im Oktober 2018 erhielt die Tierschutzorganisation Southern Pines Animal Shelter den anonymen Hinweis, dass ein Hundezüchter-Paar im US-amerikanischen Bundesstaat Mississippi vielen Tieren unermessliches Leid zufüge. So schnell es ging, machten sich die erfahrenen Tierretter auf den Weg, um sich ein Bild von der Lage zu machen und den Tieren zu helfen. Doch das Bild, das sich ihnen bot, übertraf ihre schlimmsten Erwartungen.
Sie fanden eine Gruppe ausgemergelter, von Krankheiten gezeichneter Hunde vor. Diese waren offenbar ihr ganzes Leben lang von ihren Besitzern angekettet worden und extrem ausgehungert. Die Retter mussten schnell handeln, denn die Hunde brauchten dringend medizinische Versorgung. Besonders schlimm hatte es Odin, einen Alaskan Malamute, erwischt. Er war fast nicht mehr als Hund seiner Art zu erkennen, sein nackter, verhungerter Körper war von Kopf bis Fuß mit schweren Infektionen übersät. Sein Fell war nur noch büschelweise vorhanden und seine Zähne waren stellenweise ausgefallen oder verfault. Er befand sich in einem sehr kritischen Zustand und musste schnellstmöglich in eine Pflegeunterkunft.
Sydney Schelkopf, eine Mitarbeiterin der Hilfsorganisation, die sich schon vorher um Huskys gekümmert hatte, nahm sich seiner als vorübergehende Pflegemutter sofort an. Sie traute ihren Augen kaum, als sie Odin das erste Mal sah: „Der arme Odin sah aus, als hätte man ihn direkt aus einem Alptraum befreit“, erklärte sie. „Dem armen Kerl war so gut wie alles widerfahren, was bei einem Hund hätte schieflaufen können.“
Bei seiner Ankunft in der neuen Pflegeunterkunft wusste der verängstigte Odin gar nicht recht, wie er sich verhalten sollte. Er wirkte unglaublich verwirrt. „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob Odin jemals das Innere eines Hauses gesehen hat“, sagte Sydney. „Er schnüffelte durch das ganze Haus und schaute mich dauernd hilflos an, als würde er mich fragen: ‚Wo ist der Haken an der Sache?‘ Selbst nach Wochen, in denen ich mich um ihn gekümmert hatte, verließ er kaum seinen Platz. Ich schaffte es nicht, ihn dazu zu bringen, mit seinen Spielzeugen zu spielen oder sich wie ein ’normaler‘ Hund zu benehmen.“ Nachdem er ein Leben lang angekettet gewesen war, wusste er nicht, wie es ist, sich frei zu bewegen. Das zu sehen, brach seiner neuen Pflegemutter das Herz.
Sydney hatte ursprünglich vor, sich nur vorübergehend um den geretteten Hund zu kümmern und ihn anschließend an eine liebevolle Familie zu vermitteln. Doch bereits nach kurzer Zeit wusste sie: Odin bleibt. Für immer.
„Schon in der zweiten Nacht, die er bei mir zu Hause verbrachte, war er mutig genug, mit in mein Bett zu kommen. Er kletterte herein und warf seinen knochigen Körper auf mich, schaute mit einem so herzergreifenden Blick zu mir hoch und seufzte auf eine so liebevolle Weise. Daraufhin wusste ich, dass Odin endlich dort angekommen war, wo er hingehörte.“ Nach einem Leben in der Hölle hatte Odin endlich jemanden, der ihm Liebe und Güte schenkte. Die Verwandlung, die er daraufhin durchlebte, mutet nahezu märchenhaft an. Niemand hätte geahnt, dass sich hinter dem Häufchen Elend aus der Horror-Zucht ein stolzes, wunderschönes Tier verbirgt.
Nachdem Odin nun bei Sydney sein neues Zuhause gefunden hatte, ging es vor allem darum, ihn gesundheitlich wieder auf die Beine zu stellen.
„Er unterliegt momentan einer Herzwurm-Behandlung, mit der wir schwer zu kämpfen haben“, erzählte Sydney. Bei einem Herzwurm-Befall handelt es sich um einen parasitären Infekt, der zu Anfällen, Blindheit, ja sogar zur Lähmung führen kann. „Wir haben unsere guten und unsere schlechten Tage. Wenn die Herzwurm-Behandlung erst einmal abgeschlossen ist, werden wir seine Zähne richten lassen. Leider sind viele seiner Zähne in einem sehr schlechten Zustand und wir tun alles, um sie so gut wie möglich wieder in Ordnung zu bringen!“
Um sich die weiteren Eingriffe leisten zu können, veröffentlichte Sydney auf Facebook bereits einen Spendenaufruf, der ihr zwischenzeitlich bereits zu finanzieller Unterstützung verhalf.
Mittlerweile liebt es Odin, mit seiner Hundemama im Bett zu kuscheln, mit seinen neuen Geschwistern zu toben und zu so gut wie allem eine Meinung zu haben.
Nach seiner Befreiung war Odin ein Wrack, aber mit viel Liebe und Zuwendung begann Odin, sich in den flauschigen, selbstbewussten Alaskan Malamute zu verwandeln, der er eigentlich von Anfang an hätte sein sollen. Die schlimmen Strapazen, die er in seiner Vergangenheit durchmachen musste, sieht man ihm heute gar nicht mehr an.
Er genießt es, endlich einfach nur Hund sein zu können und geliebt zu werden, und möchte sein neues, liebevolles Leben in seinem neuen Zuhause nicht mehr missen.
Die erstaunliche Verwandlung des tapferen Odin kannst du auch auf dem von Sydney eingerichteten Instagram-Account verfolgen.