Jeder weiß, dass das Leben schwer sein kann. Schicksalsschläge, Krankheiten, Armut und Verluste können jeden treffen und die Härte der menschlichen Existenz kann Betroffenen sehr zu schaffen machen. Aber es gibt sogar Menschen, die ernsthaft wünschten, sie wären nie geboren worden.
„Ohne Zustimmung geboren“
Die zutiefst pessimistische Weltanschauung des Antinatalismus, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt hat, spricht davon, wie düster die Zukunft der Menschheit in einer durch Kriege, den Klimawandel und die Umweltzerstörung zerrütteten Welt aussehen wird.
Die Schlussfolgerung solcher „Antinatalisten“ ist vor allem, keine Kinder in eine Welt zu setzen, in der deren Zukunft nicht gesichert sein kann. „Wir sind ohne unsere Zustimmung geboren worden“, so das Argument, und diese Tatsache dürfe man niemandem zumuten, auch den nächsten Generationen nicht.
Raphael verklagt seine Eltern auf Schadensersatz
Die Sorge darüber, welche Welt wir den Kindern von heute wohl hinterlassen, ist zwar durchaus berechtigt. Auch die Entscheidung, vielleicht selbst keine Kinder zu bekommen, obliegt jedem Menschen allein. Der 27-jährige Philosoph Raphael Samuel aus Indien geht aber sogar noch einen Schritt weiter: Er wollte seine Eltern verklagen – und zwar, weil sie ihn in die Welt gesetzt haben!
Durch seine Geburt sei er in seinen Rechten verletzt worden, argumentiert Raphael Samuel. Er ist einer der bekanntesten Antinatalismus-Vertreter der heutigen Zeit und äußert sich oft im Internet zu seinen Theorien. Dabei tritt er fast immer mit einem künstlichen Bart und einer Sonnenbrille auf, denn natürlich stoßen seine Äußerungen bei den Lesern nicht nur auf Zustimmung.
Er habe nicht die Wahl gehabt, geboren zu werden, argumentiert er. Kinder seien ihren Eltern auch keinen Rentenbeitrag schuldig. Die Eltern jedoch hätten die Pflicht, ihren Kindern einen gewissen Lebensstandard zu ermöglichen.
Eltern reagieren gelassen
Um zu demonstrieren, wie ernst es ihm mit seiner Überzeugung ist, versuchte er im Februar 2019, Klage gegen seine Eltern einzureichen und von ihnen den Schadensersatz einer einzigen symbolischen Rupie zu fordern.
Raphaels Eltern sind beide Anwälte und überraschenderweise reagierten sie bemerkenswert gelassen auf das Vorhaben ihres Sohnes. Seine Mutter sagte sogar: „Wenn Raphael mir eine rationale Erklärung liefern kann, wie wir sein Einverständnis zur Geburt hätten einholen können, dann werde ich meinen Fehler zugeben.“
Kein Erfolg vor Gericht
Doch zur Verhandlung kam es nicht, denn die Gerichte hatten weniger Verständnis für den Geburtsgegner. Raphael Samuel sieht seine gescheiterte Klage jedoch trotzdem als Erfolg an, denn sie brachte ihm und dem Antinatalismus eine Menge Aufmerksamkeit ein.
Was für eine bizarre Situation, in die er seine Eltern da gebracht hat. Zum Glück scheinen sie es nicht persönlich zu nehmen – aber die nächste Familienfeier wird mit Sicherheit eine etwas unangenehme Angelegenheit.
Quelle: timesofindia
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